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Hannes Linßen übers Pokal-Finale: „Wir dachten, da spielt die Nationalmannschaft“

Hannes Linßen erlebte mit der Fortuna bis ins Finale eine unvergessliche Saison 82/83 im DFB-Pokal.

Vor rund 40 Jahren verlor die Fortuna das Endspiel um den DFB-Pokal gegen den Lokalrivalen 1. FC Köln im Müngersdorfer Stadion mit 0:1. Einer der unglücklichen Verlierer auf Seiten des Außenseiters war Hannes Linßen. Anlässlich des Testspiels gegen den FC am Freitag (18.30 Uhr) im Südstadion, das an jenes Finale erinnern soll, haben wir uns mit dem Rekordspieler der Südstädter (Platz vier mit 332 Spielen) unterhalten. Der heute 73-Jährige erzählt im Interview, warum es vor dem Finale internen Streit gab, wieso er beinahe nicht mit von der Partie gewesen wäre, wo die Chemie zwischen Trainer und Spieler gar nicht stimmte und wieso ihm bis heute die Silbermedaille als Souvenir fehlt.

Haben sie generell eine positive oder negative Erinnerung an das Finale?

„Ich bin nach wie vor enttäuscht, dass wir das Endspiel verloren haben. Wir hatten an diesem einen Tag die Chance, den FC zu schlagen. Wobei, wenn ich mir jetzt tausend Jahre später die Aufstellung des FC ansehe, wundere ich mich schon, dass wir mithalten konnten. Der FC hat mit Littbarski, Fischer und Allofs im Angriff gespielt. Toni Schumacher im Tor, Gerd Strack Libero, Paul Steiner Vorstopper, Konopka rechts, Zimmermann links. Da hast du gedacht, das ist die Nationalmannschaft.“ 

Dann wurde abgepfiffen und der Verlierer, die Fortuna, wurde urplötzlich gefeiert….

„Das war unverständlich für uns und kam überraschend. Aber, die Mannschaft hat auch eine Ehrenrunde gedreht und der FC nicht. Ich fand es ehrlich gesagt blöd. Wir hatten nicht gewonnen. Ich bin stattdessen in die Kabine gegangen. Ich war später auch mit dem FC als Co-Trainer im Pokal-Finale, das wir im Elfmeterschießen verloren haben. Diese Silbermedaille habe ich zu Hause liegen. Die gab es 1983 für den zweiten Platz auch. Das bedauere ich heute noch, dass ich sie dadurch nicht bekommen habe.“ 

Im Nachhinein sind Sie trotzdem froh, dass sie überhaupt dabei waren…

„Ja, das verdanke ich meiner Frau. Ich habe mir am Sonntag zuvor beim Bundesliga-Spiel in Freiburg in der 80. Minute eine Wadenzerrung geholt. Ich bin nach Hause gefahren und habe zu meiner Frau gesagt, wie ärgerlich, ich kann im Endspiel nicht spielen. Sie sagte nur, das verstehe ich jetzt nicht, du hast mir immer erzählt, wie toll es ist, dass du das mit 33 Jahren noch erleben kannst und jetzt sagst du, du kannst nicht spielen. Am nächsten Tag habe ich mir von unserem Masseur Alfons Rauber ein Stromgerät besorgt, das die Durchblutung fördert und das fünf-, sechsmal am Tag angeschlossen, teilweise bin ich nachts deswegen aufgestanden. Ich habe dann 90 Minuten beschwerdefrei gespielt.“

Vor dem Endspiel gab es aber auch ein paar Misstöne… 

„Für mich als Spieler war das Finale in den zehn Jahren bei Fortuna der Höhepunkt. Wir hatten aber in der Woche davor intern sehr viele Diskussionen. Mit Abstand betrachtet, ärgert mich das. Wir fühlten uns aufgrund der Prämienregelung vom Schäng schlecht behandelt. Das hat uns abgelenkt. Wir hatten in dieser Saison was geleistet. Wir hatten gelesen, dass die Spieler des FC bei einem Erfolg 10.000 Mark bekommen sollten, wir sollten 2.000 erhalten. Warum kriegen die als haushoher Favorit für eine Selbstverständlichkeit das Fünffache, haben wir uns gefragt. Mit einer Teilnahme am Europapokal hätten wir das Geld sowieso wieder eingenommen.“ 

Was ein bisschen vergessen wird: Der Weg der Fortuna ins Endspiel war mindestens genauso beeindruckend…

„Definitiv. Im Viertelfinale bekommen wir ein Spiel in Mönchengladbach zugelost mit Jupp Heynckes als Trainer und Lothar Matthäus als Kapitän. Viel schwerer konnte es uns nicht erwischen. Die haben auch gedacht, gegen einen Zweitligisten, das geht. Zur Pause lagen wir 0:2 hinten. Nach 90 Minuten und der Verlängerung stand es 2:2. Und das Rückspiel gewinnen wir 2:1. Das kann dann kein Glück sein.“

Und im Halbfinale kam Dortmund ins Südstadion…

„Martin Luppen sagte in der Mannschaftssitzung. Es ist unheimlich schwer, gegen Dortmund ein Tor zu machen. Wir müssen unbedingt verhindern, dass wir in Rückstand geraten. Nach 20 Minuten führten wir 3:0.“

Im Winter hat Jean Löring Dieter Schatzschneider verpflichtet. Ein echter Transfercoup…

„Ohne seine Tore wären wir nicht ins Endspiel gekommen. Er hat viel zu dem Erfolg beigetragen. Allerdings hatte er große Probleme mit dem Trainer. Dieter neigte dazu, das zu machen, was er wollte. In der Mannschaftssitzung vor dem Endspiel gab es eine kuriose Situation. Auf der Tafel spielten wir plötzlich nur mit zehn Mann. Dieter Schatzschneider war nicht erwähnt. Jeder wusste, wer da fehlt. Aber Martin Luppen hat ihn einfach nicht aufgeschrieben, weil er ihm so auf den Wecker gegangen ist.“

Da trafen zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander. Martin Luppen wirkte immer ein wenig oberlehrerhaft…

„Ja, das war sein Beruf. Und so war er auch als Trainer. Er hat alles mit Verstand erklärt. Ich fand ihn sehr gut. Aber nicht alle Spieler sind gleich. Irgendwann ist mir das auch aufgefallen. Nach einer halbstündigen Besprechung sagte ich zu einem Mitspieler, das hat er aber heute wieder gut erklärt. Er sagte, bist du eigentlich bescheuert. Ich bin dreimal eingeschlafen.“ 

Für die Fortuna hätte ein Sieg sicher vieles verändert…

„Es wäre ein Image-Gewinn gewesen. Wir hätten im nächsten Jahr international gespielt. Auf dem Transfermarkt hätte es andere Möglichkeiten gegeben. Keiner weiß, wie sich die Geschichte der Fortuna mit der Europapokal-Teilnahme im Rücken entwickelt hätte.“

 

 

 

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