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Offener Brief von Michael W. Schwetje

Offener Brief von Michael W. Schwetje, Geschäftsführer der Fortuna Köln Spiel­betriebs­gesell­schaft mbH, zu den Geschehnissen rund um das Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden.

Gestern war ein ganz bitterer Tag für die Fortuna, aber auch für mich persönlich,

Die Mannschaft hat eine desaströse Leistung im Spiel gegen Wehen Wiesbaden gezeigt und unserem neuen Trainer Tomasz Kaczmarek einen denkbar schlechten Einstand beschert. Dies tut mir für ihn außerordentlich leid und ich hoffe, jeder Spieler versucht einmal, sich in die Situation von Tomek hineinzuversetzen, der hochmotiviert zu uns kommt und in seinem ersten Spiel eine derartige Niederlage erfährt. Wie würde sich jeder einzelne dabei fühlen, wenn er in dieser speziellen Situation mit einem solchen Ergebnis konfrontiert würde?

Aber auch in diesem Spiel ging es nur um drei Punkte (sowie unser Torverhältnis) und bereits am kommenden Sonntag gibt es in Unterhaching die Möglichkeit, auf dem Platz die passende Antwort zu geben. Unsere Mannschaft hat auch in den letzten Jahren schon herbe Niederlagen erlitten und anschließend wieder ein anderes Gesicht gezeigt. Daher bin ich zuversichtlich, dass ihr dies auch in den kommenden Wochen gelingen kann.

Aber der gestrige Tag war auch für mich persönlich ein einschneidendes Erlebnis im negativen Sinne. Persönliche Diffamierungen haben nach meiner festen Überzeugung keinen Platz in unserer Gesellschaft und damit auch nicht auf einem Fußballplatz. Und diese Einstellung habe ich nicht erst seit gestern.

Wie konnte es zu dieser Eskalation kommen?

Nach dem Spiel gegen Energie Cottbus haben wir zwei Mitgliedern eines Fortuna-Fanclubs ein bis zum 30.03.2019 befristetes Hausverbot erteilt, da sie bei diesem Spiel ein nicht angemeldetes Banner aufgehängt haben. Laut unserer allen Fanclubs bekannten Praxis sind Banner vorher anzumelden und es ist aus meiner Sicht auch unsere Aufgabe, die Einhaltung der Regeln zu überwachen und gegebenenfalls zu sanktionieren, da sich ansonsten künftig keiner mehr an die Regeln halten würde. Zusätzlich enthielt der Banner auch noch politische Botschaften, die laut der von der KSS aufgestellten und mit uns abgestimmten Stadionordnung  grundsätzlich (und völlig unabhängig von den konkreten Inhalten) nicht zulässig sind. Daher haben wir es in diesem Fall auch nicht bei einer Ermahnung belassen, sondern ein zeitlich überschaubares Hausverbot ausgesprochen. Das Hausverbot wurde  - und dies ist mir wichtig - aber nicht für den konkreten Inhalt des Banners ausgesprochen und dies ist den Verantwortlichen auch klar kommuniziert worden. Daher ist deren Statement an dieser Stelle auch unwahr. Richtig ist, dass uns mehrere Mails von Mitarbeitern von RWE erreicht haben, die sich durch das Banner in eine Nazi-Ecke gedrängt fühlten. Ebenso unwahr ist allerdings, dass RWE oder ein mit RWE verbundenes Unternehmen in irgendeiner Weise damit gedroht hat, Sponsorenzusagen von einer Stellungnahme unsererseits oder gar von einem Hausverbot abhängig zu machen. Auch dies ist eine bewusst falsche Darstellung der Tatsachen.

Ich bin auch weiterhin der Auffassung, dass die Verhängung von Hausverboten in diesem Zusammenhang richtig war, da wir ansonsten einen Präzedenzfall geschaffen hätten und künftig bei jeder politisch motivierten Aussage darüber diskutieren müssten, ob diese angemessen ist. Aus meiner Sicht ist das Südstadion grundsätzlich kein Ort, der eine Plattform für politisch oder religiös motivierte Botschaften bieten sollte. Hierüber kann man aber sicherlich geteilter Auffassung sein. Daraus allerdings dann beim gestrigen Spiel persönliche Diffamierungen mir gegenüber abzuleiten, ist sehr verletzend und sicherlich nicht angemessen.

Letztendlich bin ich aber der Überzeugung, dass die Hausverbote nur der Auslöser waren, aber der Kern deutlich tiefer liegt, da insbesondere die sogenannte aktive Fanszene auf Stehplatz Mitte in mir keinen „Freund“ sondern tendenziell eher einen „Feind“ sieht. Ich bin nun über zehn  Jahre als Investor bei Fortuna und bereits mehr als sieben Jahre auch als Geschäftsführer. Ich habe in dieser Zeit sehr viel privates Geld in die Fortuna gesteckt und noch mehr Zeit, Emotion und Leidenschaft. Ich verbringe einen ganz wesentlichen Teil meiner Arbeitswoche (und des Wochenendes) mit der Fortuna und habe dies über alle Jahre stets ehrenamtlich gemacht, d. h. ich habe nie auch nur einen Cent für meine Arbeit erhalten. Es war mir auch nie wichtig, dafür Anerkennung zu erhalten. Ich habe es getan, weil es mir Spaß gemacht hat und weil es mich emotional gefesselt hat, die Fortuna im Profifußball zu etablieren. Aber ich habe die letzten Jahre auch die Verantwortung gespürt, die Fortuna nicht hängen zu lassen, da ich davon überzeugt bin, dass es ohne die von mir investierte Zeit (und meine finanzielle Unterstützung) für die Fortuna kaum möglich gewesen wäre, im professionellen Fußball dabei zu sein.

Obwohl wir hart daran arbeiten, die Fortuna wirtschaftlich erfolgreicher aufzustellen, ist es inklusive der Saison 2017/2018 noch nicht gelungen mit einer schwarzen Null abzuschließen. Mir ist bewusst, dass Fans in der Regel nur ein geringes Interesse an wirtschaftlichen Zahlen haben und dies ist auch verständlich. Trotzdem sind wir ein Wirtschaftsunternehmen und als Geschäftsführer ist es meine Aufgabe, dies im Blick zu behalten. Daraus resultieren strategische und wirtschaftliche Entscheidungen, die ich in den letzten Jahren getroffen habe und die nicht immer das Einverständnis der Fans gefunden haben. Dies akzeptiere ich problemlos und ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mir damit in Fankreisen keine Freunde mache. Und natürlich mache auch ich Fehler. Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass in der Summe wesentlich mehr richtige als falsche Entscheidungen getroffen wurden und die Fortuna ansonsten längst insolvent wäre oder der von mir zu leistende Beitrag noch größer wäre, wozu ich nach den vielen Jahren der Unterstützung und der mangelnden Wertschätzung dessen aber nicht mehr bereit bin.

Diese unterschiedlichen Auffassungen zu den verschiedensten Themen kommen in jeder Gesellschaft, jedem Unternehmen und in jeder Familie ständig vor und es gehört dazu, Entscheidungen zu treffen, die nicht jedem gefallen. Und mit der daraus resultierenden Kritik muss man umgehen. Es ist daher für mich auch nicht im Geringsten ein Problem, wenn man andere Auffassungen zu Eintrittspreisen, Stadionverboten oder Montagsspielen hat und diese auch öffentlich artikuliert, so lange es nicht persönlich verletzend wird.

Wir haben in den vergangenen Jahren versucht, an verschiedenen Stellen auf die Fans zuzugehen (10 Euro Ticket-Aktion, Flexibilisierung der Eintrittspreise, Saisoneröffnungsfeier, finanzielle Unterstützung der Auswärtsfahrt nach Braunschweig). Leider wurde auch dies in der aktiven Fanszene wenig als positives Signal wahrgenommen und es blieb das Gefühl haften, dass insbesondere die 10 Euro Ticket-Aktion, die immer als einmalige Initiative positioniert war, dazu genutzt wurden, um direkt die nächsten Forderungen zu stellen. Aber auch damit muss und kann ich leben.

Ich habe mich in allen Jahren bei der Fortuna nie öffentlich darüber beklagt, dass die Anerkennung der aktiven Fanszene gering dafür war, die Fortuna auf wirtschaftlich halbwegs tragbare Beine gestellt zu haben sowie den sportlichen Weg aus der 6. Liga in die 3. Liga begleitet zu haben. Ich hatte mir zumindest Respekt erhofft, komme aber auch damit zurecht, wenn noch nicht einmal dieser in der aktiven Fanszene gegeben ist.

Womit ich aber nicht leben kann, sind die Diffamierungen, denen ich gestern im Stadion von insbesondere zwei Fangruppierungen ausgesetzt war. Dies ist für mich persönlich höchst verletzend und meiner Frau und meinen Kindern (7 und 9 Jahre) absolut nicht zuzumuten. Ich wünsche keinem, von denjenigen, die gestern ihre Parolen geschrien haben, dass sie einmal auf der anderen Seite stehen und dies ihrer Familie erklären dürfen.

Wenn es mir keinen Spaß mehr macht, zu einem Heimspiel der Fortuna zu gehen und ich Angst haben muss, dass meine Familie dabei unglücklich wird, dann ist es Zeit, über Konsequenzen nachzudenken.  

Ich habe es in den letzten Jahren nie geschafft, in einen vernünftigen Dialog mit diesen beiden Fangruppierungen und ihren Wortführern zu kommen, zu gering ist das gegenseitige Verständnis für die Beweggründe des anderen. Nach dem gestrigen Tag gibt es nun aber auch keine Basis mehr für eine vernünftige Gesprächsatmosphäre. Es tut mir in der Seele weh, dass das, wofür ich zehn Jahre gekämpft habe (und dabei spielt Geld nicht die geringste Rolle) von zwei Fangruppierungen mit maximal 50 Personen einfach so zerstört wird. Zumindest ein menschlich anständiges Miteinander müsste - bei allen inhaltlichen Differenzen - doch auch in einem Fußballstadion möglich sein.

Es tut mir leid für alle, denen Fortuna am Herzen liegt, aber der gestrige Tag hat viel größere Narben hinterlassen als dies eine einzelne Niederlage jemals könnte.   

Michael W. Schwetje

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